Bouldern in Algund – Gneiss is nice!

Osterferien hieß bis jetzt immer Urlaub in Kroatien und Seilklettern. Da wir in den Wintermonaten aber mehr gebouldert sind und mein Ringband anscheinend wieder gut hält, wollten wir unbedingt zum Bouldern in eine wärmere Gegend fahren.
Kurz war sogar Fontainebleau im Gespräch, aber für 5 Tage wäre das eine zu weite Reise gewesen und 13h am Stück zu fahren wollten wir uns zu zweit auch nicht antun. Die Alternativen waren rar gesät, v.a. da die Temperaturen Ende März nicht so recht nach oben klettern wollten und die Langzeitwetterprognose immer größere Regenmengen prophezeite.
Varazze tat sich als Möglichkeit auf bis in meinen alten Boulderführern Algund ins Auge stach. Deswegen sind auch alle Angaben laut Alpen en bloc 1 Führer, 3. Auflage aus dem Jahr 2014. Also ev. nicht superaktuell.

Südtirol wurde es dann auch auf Grund der kürzeren Fahrzeit. Von den Temperaturen blieben sich die Vorhersagen zwischen Ligurien und Meran nichts schuldig, und wir buchten uns ein nettes Hotel nur 10 Minuten vom Bouldergebiet entfernt. Nett ist untertrieben, im Bio-Wellnesshotel ließen wir es uns richtig gut gehen, genossen exzellentes Frühstück, ein mehr als ansprechendes Abendessen, einen hauseigenen Pizzaiolo und ein sehr gediegenes Ambiente.
Schon klar, das ist nicht mehr der dirtbag-lifestyle den wir früher auf Campingplätzen zelebriert haben, aber damals hatten wir auch nur wenig Geld am Konto und waren durchaus bereit, für ein paar ersparte Euros uns die Dusche mit ein paar Insekten zu teilen.

Die Anfahrt war etwas stressig denn kaum waren wir über die Staatsgrenze gefahren, änderten sich die Straßenverkehrsregeln anscheinend zu bloßen Empfehlungen, aber nicht nur die Italiener krochen mir förmlich in den Kofferraum, auch so manche Österreicher:innen schienen ihre Nationalität und ihr gutes Benehmen daheim gelassen zu haben und drängelten, blinzelten und blinkten links auf der 3. Spur der Autobahn als gäbe es keine 110er Beschränkung. Ein wenig stressig das Ganze, v.a. da sich auf der Strecke die Straßentypen und die Geschwindigkeitsbeschränkungen oft schneller änderten als man „Buon Giorno, John Porno“ sagen konnte und der LKW-Verkehr durchaus beachtlich war.

Am 1. Tag machten wir uns auf zum Sektor Knödelmann, der Parkplatz 1 ist nun ein Bezahlparkplatz und kostet 6,- Euro pro Tag bzw. ab der 4. Stunde, also zahlt man sowieso den Tagestarif wenn man bouldern geht. Wir folgten dem Waalweg wie im Topo beschrieben, das Hotel Burggräfler gibt es nicht mehr, aber wir folgten einfach dem Weg bis zum Wald und kamen direkt zum 1. Sektor der gleich oberhalb des Wanderweges lag.

Die Blöcke liegen relativ knapp nebeneinander, man geht innerhalb eines Sektors nie länger als 1 – 2 Minuten bis man beim nächsten Block ist und sofern man bis 7A bouldern kann, hat man auch etwas zu tun. Begonnen haben wir mit Aufwärmen und bouldern am Block 29, relativ niedrig und sehr undankbare Linien aber die Finger waren danach gut aufgewärmt. Weiter ging es am „Gripmaster“-Block wo eine technische Platte wartete und die Starts für uns ungewohnt hart waren. So rau der Gneiss auch ist, so gerne rutschen auch die Schuhe von den Tritten gerade dann, wenn man sie am notwendigsten hat. So flashte ich hier einmal nichts sondern konzentrierte mich darauf, den Druck auf den Schuhen zu lassen, dann „pickten“ sie am Fels.
Weiter oben im Sektor liegt eine der besseren Linien – „Frodos ass“, gelang mir im 3. Versuch, der war schon ziemlich gut eingechalkt und vor allem der Starttritt ordentlich poliert, es zahlte sich aber aus, für eine 6A+ musste ich hier schon ordentlich anziehen.

Im Übrigen, es war Samstag, und wir haben niemand anderen mit Crashpads oder gar bouldern gesehen. Die guten Linien waren angechalkt, aber die eher mittelprächtigen dürften in letzter Zeit nur wenig Begehungen gesehen haben, sie wirken ein wenig verwahrlost. Angezeichnet bzw. angeschrieben waren die Boulder zwar einmal, die Markierungen sind aber mittlerweile verblasst oder verschwunden, so ist die Orientierung bzw. der Start oft nicht ganz klar, v.a. wenn keine Fotos im Topo sind, aber im Großen und Ganzen haben wir uns gut zurechtgefunden.
Mein Highlight des 1. Tages war dann der „Schurkenstein“, der mich meinem ewigen Urlaubsziel (min. einen 7A Boulder machen) näher brachte. In wenigen Versuchen knipste ich den 6C Boulder ab und ließ es dann für diesen Tag auch gut sein. Ich sah mir noch ein paar Linien an, aber da es zu tröpfeln begann, packten wir unsere Sachen und gingen zum Auto zurück. Kurz nachdem wir wieder in unserem Hotel angekommen waren, begann es auch schon zu regnen inkl. Blitz und Donner und wir machten das, wofür wir hergekommen sind: Urlaub.

Tag 2 sollte erst nach dem Mittagessen starten und zwar Richtung Sektor Konrad. Der Parkplatz (P2) war leicht zu finden und wir wanderten Richtung Cafe Konrad, welches am Sonntag geschlossen hat, ansonsten aber einen Sprizz Veneziano um wohlfeile 4,90 Euro anbietet. Kann nach einem Bouldertag durchaus ein angenehmer Zwischenstopp sein! Der Weg wird nach dem Cafe etwas steiler und bei Sonne auch durchaus etwas schweißtreibend.

Die ersten Blöcke befinden sich gleich neben dem Wanderweg (kurz nach dem Waldrand) und wurden heute von einigen Personen belagert, auch die oberen Blöcke waren gut frequentiert und wir beschlossen zum Sektor Schludenstein weiterzugehen, wo wir zwar alleine waren, uns aber keine der Linien gleich ansprach. Also nochmal weiter zum Sektor Eden, wo der Block Frauennussbaum gleich neben dem Wanderweg liegt. Leider haben sehr viele Boulder keinen Namen (zumindest laut Topo), also sind wir einfach die ansprechenderen Linien hier geklettert – viele waren es eh nicht, ich habe es mehr als Ruhetag genützt um die Haut auf den Fingern zu schonen. Der 6A Dyno war schon ganz lässig und die 6B an der Kante („Frauennussbaum“) verlangte etwas mehr Einsatz und versorgte mich auch gleich mit einem Abrutscher und einem aufgeschlagenen Schienbein. Definitiv zu viel Schmerzen für so einen Boulder bei dem die größte Schwierigkeit bestand, sich irgendwie raufzuwurschteln.


Die anderen Blöcke sahen ganz ok aus und wir machten ein paar Boulder am Block 2, einfach aber richtig nett und rauer Fels. Da es schon relativ spät war, gingen wir zurück zum Sektor Konrad, wo die Blöcke nun frei waren und ich versuchte ob mir die „Last minute“, ein 7A Boulder, vielleicht gut reinlaufen würde. Die Schlüsselstelle aus den guten Untergriffen auf eine etwas garstige Leiste konnte ich zwar machen, danach war aber Schluss, auch weil der Spotterin schon kalt war.
Trotzdem ein guter Tag mit leichter Boulderei und einem schmerzenden Schienbein.

Nachdem wir am Vortag 3 kleinere Sektoren besichtigt hatten und ich mit der Qualität der Linien eher nicht zufrieden war, gingen wir wieder in einen größeren Sektor, der gleich neben dem Sektor Knödelmann vom 1. Tag liegt. „Disneyworld“ so der einladende Name und hier gibt es schon einige Linien, die beim ersten Hinschauen richtig gut aussehen. Aufgewärmt mit „Lembasi“ 6A und „Get a grip“ 5 startete ich ein paar Versuche in die Dreieckskante (6C), konnte aber den 1. Zug nicht machen. Da ich nicht soviel Kraft verschwenden wollte, sind wir weiter zum Nazgul Block wo ich zuerst die leichtere Variante versuchte, die mir aber nicht gelingen sollte. Der Zug zum rettenden Henkel war zu sketchy. Dafür gelang mir die, laut Topo, schwierigere Variante relativ schnell nach dem Auschecken der Einzelzüge, nur das Topout war schwierig um nicht am Block dahinter anzustoßen.

Schnell abgeholt wurden „Mickey die Schändermaus“, was eher ein unscheinbares und trauriges Beispiel eines Boulders ist, abgesehen von den schmerzhaften Griffen. Dafür war die „Welcome to Disneyworld“ schon eine coole Traverse an guten Griffen und noch besseren Hooks.

Auf dem Weg nach unten blieben wir beim Block 6 stehen, der eine leider unbenamste 6C+ mit Stehstart und sehr schlechten Tritten bot. Nachdem der 1. Zug auf eine bessere Delle so halbwegs gut lief, musste ich nur noch den linken Fuß auf einen sehr seichten Reibungstritt setzen und über den auf den Henkel springen. Der Ausstieg war zwar etwas hoch aber mit guten Griffen kam ich locker drüber – richtig feiner Boulder und hat mir sehr getaugt!

Am Rückweg versuchte ich noch den Boulder „Pain in my finger“, der hatte leider einen dermaßen low-low Start, dass die Hände fast unterm Hintern waren und das war mir dann einfach zu blöd hier Kraft zu investieren bzw. war mir wirklich nicht klar, wie ich hier abheben sollte.

Nach den 3 Tagen bouldern war dann die Haut auf den Fingern schon am Ende und wir beschlossen am Dienstag nicht mehr bouldern zu gehen sondern stattdessen auf der Autobahn Richtung Brenner den LKW-Stau zu bewundern, ansonsten war aber weniger Verkehr als bei der Anreise.

Fazit
Algund ist für mich schwer zu beurteilen. Auf der einen Seite war der Gneiss schon richtig gut, es gab doch einige athletische Boulder die mir von der Linie her getaugt hätten, aber die Anzahl der Boulder im Topo täuscht. Die guten Linien musste man suchen und der Rest, man merkte es einfach, wird kaum geklettert. In den größeren Sektoren dürften jeweils ein bis zwei Handvoll guter Linien sein, die sind dafür aber richtig fein, in den kleinere Sektoren natürlich weniger. Wenn ich es vergleichen müsste mit einem Maltatal oder Zillertal, dann sind die Boulder in Kärnten oder Tirol wesentlich besser und vielfältiger.
Die leichten Linien in Algund sind oft sehr niedrige und eher unlohnende Probleme, für die muss man wirklich nicht nach Südtirol und für die Schwierigeren muss ich vielleicht mal zurückkommen und mehr Klasse statt Masse bouldern, weil die Kombination aus Bouldern und Pizza schon relativ nice war und ich Algund nicht als überteuert empfunden habe. Gefahren sind wir übrigens ziemlich genau 6 Stunden (sowohl hin als auch zurück nach Graz Umgebung) und wenn ich so in den Führer neben mir schiele, zahlen sich die 50 Minuten Fahrtzeit mehr nach Val Daone vielleicht doch aus. Aber das werde ich wohl erst erfahren…