Waterloo in Loucovice – Bouldern in Tschechien

Es ist schon etwas mehr als 5 Jahre her, als ich mit Florian einen ersten Besuch in Loucovice wagte. Aus dem Internet druckten wir das Topo aus, welches mehr als 700 Boulder umfasste und sich gewichtmäßig in unseren Rucksäcken niederschlug und daheim als Altpapier entsorgt wurde.
Meine Erinnerungen an damals waren sehr viele niedrige oder unlohnende Boulder, aber bei dieser Menge auch einige Highlights.
Als in diesem Jahr dann ein Führer für alle Sektoren von Petr Schwarz veröffentlicht und auch die Gebiete in Vyssi Brod angeführt waren, beschlossen Martin, Julia, Andi und ich unseren Herbstbouldertrip in Loucovice zu verbringen.

Anreise und Unterkunft
Die Fahrtzeit von Graz beträgt je nach Gleinalmtunnelfiasko oder Sperre 2,5 – 3h und Tschechien ist wie eh und je ein Billigurlaubsland für uns Österreicher. Unsere Unterkunft war das Lipno Lake Resort, ein 4* Appartment inkl. Sauna und schlug sich mit ca. 30€/Person/Tag zu Buche. Anfang November war aber auch die volle Nebensaison in dieser sehr touristischen Region (Bikepark, Hochseilklettergarten, Schilift usw. usf. inklusive) und an beiden Abenden sind wir auch Essen gegangen. Nette Lokale gab es quasi ums Eck mit sehr zuvorkommendem Service, nicht superbillig aber vergleichsweise natürlich sehr günstig.
Billigere Unterkünfte hätte es etwas abseits des Tourismushotspots gegeben, aber mal ehrlich, eine Sauna im Appartment und ein offener Ofen war schon ziemlich fancy!

Die Boulderei
Granit. Hier gab es Granitblöcke in Hülle und Fülle und allen Größen. Es dominierten abgerundete und eher technische Probleme und wenn wir etwas mit Leisten gefunden haben, dann waren diese sehr klein und scharf. Am ersten Tag streunten wir durch das Gebiet mit den meisten Sektoren, aber so recht freuten uns die Boulder dort nicht. Nach einigen Aufwärmern versuchten wir uns an einer einfach aussehenden Traverse. Die sah aber nur leicht aus und hat ihre 7A Bewertung durchaus verdient. Der Versuch die „Concorde“ zu machen, 6A+ und 6 Meter hoch, blieb ebenfalls beim Versucht, denn die war dann doch etwas zu risky. Am Ende des ersten Tages gaben wir dann in einem 6C+ Boulder alles und ja, frustriert gingen wir dann nach Hause, da niemand raufgekommen ist. Die Boulderei und die Bewertungen hier sind definitiv anders – nämlich härter.

Da es in der Nacht geregnet hat, ließen wir uns beim Frühstück am zweiten Tag Zeit. Die Appartments sind leider nicht mit einer Grundausstattung vorgesehen, so musste ein Taschentuch als Kaffeefilter herhalten – funktioniert aber einwandfrei sofern dieses unparfümiert ist. Zu Mittag starteten wir dann zu den Sektoren Novy svet 1, Novy svet 2 und Nad myslivnou, die laut Topo sehr ergiebig und mit tollen Lines ausgestattet sein sollten. Nur hatte der Granit einen gravierenden Nachteil: er war von oben bis unten nass.
Sogar die überhängenden Felsblöcke waren nicht trocken und im Wald bestand keine Chance, dass sich der Wind noch durchsetzt und ein paar Blöcke auftrocknen.

Wir suchten im Topo daher einen Sektor der außerhalb des Waldgebietes liegt und stießen auf Nad zastavkou. Nach kurzer Fahrt waren wir auch schon am Parkplatz und direkt neben einem Elektrizitätswerk lagen einige Blöcke im Freien und der Wind hatte diese schon aufgetrocknet. Hier konnten wir endlich bouldern und diesen Tag auch noch nützen. Julia und Martin kletterten hier einige schöne Linien und ich nützte die Zeit ein wenig um zu fotografieren und mich aufzuwärmen.
Die restlichen Blöcke lagen im Wald und waren, wie vorher auch schon, sehr feucht. Martin schockierte Julia und mich dann noch, weil er unbedingt einen Highball machen wollte und schaffte auch einige hohe Abgänge bevor er ihn durchsteigen konnte.

Ich selbst suchte mir einen sehr genialen Boulder aus, der als Sitzstart ein Kompressionsproblem darstellte und die Crux waren die nicht vorhandenen Tritte. Den Hintern vom Boden heben gelang zwar, aber für mich war es an diesem Tag unmöglich weiter zu ziehen, oder auf dem Hauch von Nichts stehen zu bleiben. 7A – in diesem Urlaub leider nicht.

Am letzten Tag wollten wir zwar noch ein oder zwei Sektoren in Vyssi Brod erbouldern, konnten den richtigen Parkplatz trotz GPS-Koordinaten nicht finden. Wir waren uns auch nicht sicher, ob die im Führer richtig drinnen sind, da wir zwar ans „Ziel“ gekommen sind, aber irgendwo in der tschechischen Pampa weit und breit keine Felsblöcke gefunden haben.

Fazit
Der Boulderführer für Loucovice war sehr aufwändig und übersichtlich gestaltet. Tolle Skizzen der Sektoren erleichterten das Finden von Blöcken und Linien massiv, dazu gab es Fototopos jedes einzelnen Blocks. Die Unterkünfte waren billig, das Essen sowieso und das große Bier kostete im Restaurant lediglich 2€. Hier ließ es sich leben 🙂

Die Boulderei war gewöhnungsbedürftig. Der raue Granit ist unbarmherzig zur Haut und die Probleme sind wohl eher das, was man als „oldschool“ bezeichnen kann. Die Liebhaber athletischer Boulderei an incut Leisten im Überhang werden hier nicht glücklich werden, hier spielte es eher runde Blöcke und Aufleger oder nicht sichtbare Griffe, sowie Seitgriffe und das Ganze in extra scharf. Mir persönlich hat der zweite Besuch in Loucovice zum Bouldern nicht sehr gut gefallen. Das ganze Drumherum allerdings war schon toll. Billiger kann man als Kletterer kaum urlauben. Vielleicht bietet der Sandstein in Ostas und Bor ja bessere Probleme – aber das ist eine Geschichte für den Frühling.