Loferer Steinberge – Seehorn – Astenriedlgrat (UIAA 4?)

Ein verlängertes Wochenende und der Drang zu klettern und zu wandern ließen uns eine Pension in Lofer buchen (mehr zu Lofer und unserer Unterkunft dann in einem späteren Beitrag) und Freitagnachmittag mit unserem treuen Tschechen die knapp 3,5h Anreise in Angriff nehmen.

Schon vor dem Abendessen diskutierte ich mit meiner Gefährtin, was wir in den nächsten Tagen machen. Abgesehen von so manchen Touren in den Berchtesgadener Alpen, die gleich um die Ecke liegen, hatte ich auch den Astenriedlgrat auf das Seehorn (Ulrichshorn) auserkoren, um es am ersten Tag in Angriff zu nehmen.

Zwar erschreckte mich die Zustiegszeit von 2:45h auf bergsteigen.com nicht, sehr wohl jedoch die Anzahl der zu überwindenden Höhenschichtlinien. 1200 Höhenmeter gilt es zu überwinden bis man auf Höhe des Einstiegs ist. Das hieß erst mal Carboloading und ich stopfte mir eine Riesenportion Kaiserschmarrn am Vorabend hinein. Am Samstag gab es Frühstück um 07:30 und um 09:30 starteten wir vom Parkplatz am Sportplatz in St. Ulrich am Pillersee. Hoch und weit entfernt thronte das Ulrichshorn über uns. Irgendwo im Internet hatte ich gelesen, dass Zustieg plus Kletterzeit plus Schnellabstieg lediglich 6 Stunden dauern würden und somit 1l isotonisches Getränk schon reichen würde – vielleicht im Herbst, nicht jedoch in den Hundstagen Anfang August mit über 30°C.

 

Bei der ersten Pause sind unsere Sportklamotten schon veritabel durchgeschwitzt und das Klettermaterial zieht schwer an den Schultern. Entgeistert blicke ich auf die Karte, die uns zeigt, dass wir erst auf ca. 1400 sind und noch weitere 800 Höhenmeter hinter uns zu bringen haben. Knapp 2,5 Stunden nach unserem Start befinden wir uns am Hubschrauberlandeplatz und queren unter dem Ulrichshorn Richtung Nordwestgrat für eine gute weitere halbe Stunde.

Die Zeit läppert sich zusammen und am Einstieg warten auf uns schon zwei weitere Seilschaften, die auch 4h unterwegs waren, bis sie den Einstieg gefunden haben. Alles in allem findet man den Einstieg der Tour allerdings sehr leicht, wenn man die Augen offen hält und den Steinmännern folgt.

 

Wir warten bis die Deutschen mit ihrem „STAND – NACHKOMMEN – CLAUDIA, SEIL AUS – STAND – PETER NACHKOMMEN – SEIL EIN – STAND – CLAUDIA WAS IST?“-Geschrei etwas Vorsprung haben und machen uns kletterfertig. Ich weiß schon, das ist die Lehrmeinung und supersicher, aber schon mal was von Seilkommandos gehört? Im Klettergarten hört man sich sicher immer, aber wenn der Wind am Berg mal etwas pfeift und man sich nicht mehr sieht, schau ich mir das an wie sich manche die Stimmbänder wund schreien.

Die Tour ist ein landschaftlicher und klettertechnischer Hochgenuss. Die Stellen sind wirklich nicht ohne, und selbst für den dritten und 4. Grad muss man schon gut schauen wo man hinsteigt und was man angreift – denn brüchige Felsstücke gibt es hier noch einige zu entfernen – aber die Kletterei löst sich wirklich gut auf.

 

Ein kurzes Gehstück verwirrt ein wenig, weil ein Zwischenstand gebohrt wurde. Wenn man diesen nicht nützt so ist Seilreibung deluxe vorprogrammiert und den letzten Stand bin ich leider überlaufen. Auf die Sanduhr achten und links davon sollte der Stand sein. Ich hatte ein kleines Klemmkeilset und Cams 0,75 + 1 + 2 mit dabei und konnte im Schrofengelände einen halbwegs guten Stand zimmern, da hier durchaus auch solide Felsabschnitte zu finden sind.

Wir entscheiden uns die letzten Schrofenmeter auch noch zu sichern, den 1er Cam bringe ich auf meinem Weg zum Gipfekreuz noch unter und sichere meine Gefährtin von diesem dann auf den Gipfel.

 

Die Loferer Steinberge, was für ein Panorama! So richtig hoch sind sie ja nicht, auch wenn es anders aussieht, dafür umso steiler die Mistviecher. Und genau das heißt auch steil hinunter über den Weg Nr. 612 (Nuaracher Höhenweg).

Teils versichert, teils abkletternd kämpfen wir uns mit den letzten Tropfen Wasser nach unten. Lange bevor wir im Tal ankommen haben wir den letzten Schluck ausgetrunken und schwitzen immer noch aus allen Poren. Meine Gefährtin füllt im ersten Bach gleich die Trinkflasche – da es nach Kuh riecht, gönnen wir uns beide nur jeweils zwei Schluck. Im nächsten Bach gehen wir dann noch kurz bis zu den Waden rein, das hilft auch ein bisschen. Nach 10h und nur wenigen Pausen kommen wir wieder am Parkplatz an und sind überglücklich als wir auf der Heimfahrt an einem Getränkeautomaten vorbeikommen, der von meiner Gefährtin gestürmt wird.
Währenddessen parke ich das Auto an der Zufahrt, halb auf der Bundesstraße, halb auf der abgesperrten Zufahrt  – diese ist gesperrt, weil die Busse hier alle halten und die Touris sich dann rund um die Imbiss-Hütte fröhlich erleichtern, was dem Würstelgenuss sicher nicht dienlich ist, so die (nicht sehr wissenswerte) Auskunft, welche meine Gefährtin samt 2 eiskalter Getränke vom Automaten und einem kurzen Plausch mit der, sich schon im Feierabend befindlichen, Wirtin mitbringt. 😀

Abschließend will ich festhalten: eine landschaftlich geniale Tour, tolle Kletterei, unterbewertet (da kann man sicher in jeder Seillänge einen halben bis ganzen Grad draufpacken), und ein wenig unglücklich eingebohrt da man auf Grund der Bankerl durchaus Potential für einen Bodensturz hat, aber nichts was ich als gefährlich einstufen würde. Tolle Tiefblicke auf den Pillersee, stellenweise brutal guter Fels und das Gesamterlebnis reicht für 3 Tage Muskelkater!


Topo und alle weitere Infos zu der Route hier:
bergsteigen.com