Dank meiner wandernden Gefährtin durfte ich diesen Sommer den Wiener Höhenweg mit ihr bestreiten. Sicher fragen sich einige, wie ein Höhenweg in Wien aussehen wird – nun, da kann ich euch beruhigen, dieser Weg verläuft in der Schobergruppe (quasi gleich neben der Glocknergruppe) und bewegt sich großteils über der Baumgrenze in alpinem Gelände.
Anfangs liebäugelten wir mit den ersten Etappen des Tauern Höhenwegs, entschieden aber für die langen und höhenmeterreichen Tagesetappen nicht gewappnet zu sein.
Der Wiener Höhenweg bot sich uns an auf Grund der kurzen Tagesetappen mit überschaubaren Höhenmetern.
Hier ein paar Links zu Beschreibungen:
Bergwelten Artikel
Bergfex Beschreibung
Alpenvereinaktiv Beschreibung
Unsere Erfahrungen
Tag 1 – Winklern bis Winklerner Alm
Da wir nur ein kleines Schönwetterfenster hatten und am ersten Tag noch ein Pickerltermin für unseren Kleinen anstand, haben wir am ersten Tag nur die sehr kurze Etappe bis zur Winklerner Alm gemacht und dort übernachtet.
Spät aber doch kamen wir am Iselsberg an und suchten einen Parkplatz. Offiziell ist hier mal gar nix. Es befindet sich dort ein Seminarhotel des österr. Bundesheeres mit riesigem Parkplatz, aber auch vielen Schildern mit der Aufschrift „Parken nur für Gäste usw.“. Wir fragten nicht hinein und fuhren stattdessen in eine kleine Seitenstraße Richtung Winklerner Alm, wo nach wenigen Metern ein geschotterter Platz mit Bankerl kam. Da es keine Verbotsschilder gab, stellten wir unser Auto hier ab (als einziges) und legten noch die alpine Parkuhr hinter die Windschutzscheibe. Sie sollte uns als Wanderer auszeichnen und nicht als Wildsausteirer, die ihr Auto nicht mehr brauchen.
Zuerst bei Sonnenschein stiegen wir über Wiesen und Wälder leicht steigend bergauf. Die Zeit bis zur Winklerner Alm betrug lediglich 2,5 Stunden. Da sich aber nach dem halben Weg der Himmel zu verdunkeln begann und Donnergrollen hörbar wurde, legten wir einen Zahn zu.



Als wir eintrafen ging auch gleich ein mächtiger Schauer nieder – perfektes Timing mit ein wenig Glück und die Regenmode durfte im Rucksack bleiben. Die Winklerner Alm ist eine nette, kleine Hütte mit ausgezeichneter Speckknödelsuppe und wir freuten uns schon auf den nächsten Tag im alpinen Gelände.
Tag 2 – Winklerner Alm zur Wangenitzseehütte und weiter zur Adolf-Nossberger-Hütte
Da wir nur ein 5-Tages Schönwetterfenster hatten, mussten wir an diesem Tag 2 volle Tagesetappen gehen. Normalerweise sollte dies kein Problem sein, nur kennt ihr auch diese Nächte, in denen man glaubt kein Auge zugemacht zu haben?
Das Lager wurde beherrscht von einem Schnarcher, der alle wach hielt. Bis auf die 2 Kinder (1 und 2 Jahre alt), die im 3-Stunden-Rythmus aufwachten und gellend schrien. Diese Kombination reichte aus um Beethovens 9. auf meinem Nervenkostüm zu spielen und das ausgerechnet vor unserer längsten Etappe.



Von der Winklerner Alm ging es aber gemütlich über schöne Almwiesen dahin und man kommt in ein gutes Tempo rein. Nach 1,5 Stunden gönnten wir uns einen ersten Müsliriegel und eine kurze Pause. Der folgende Aufstieg zu unserer ersten Scharte verlangte uns dann doch Einiges ab. Aber auch unsere deutschen Verfolger mühten sich auf dem steilen Weg redlich.
Von der Scharte sieht man schon die Wangenitzseehütte, der Abstieg hat sich dann doch noch etwas gezogen. Kurz überlegten wir, gleich weiter zu gehen, damit wir der Gewittergefahr am Nachmittag entgehen. Aber wir beide konnten wirklich eine Pause vertragen, nachdem wir dank des Schnarchers noch immer ziemlich abgerockt dreinschauten und die Terrasse der Wangenitzseehütte sah einfach zu einladend aus.

Aufgrund unseres Allgemeinzustandes (meine Gefährtin hat sich in der Früh noch übergeben und traute sich beim Frühstück nicht wirklich zuzugreifen) waren wir knapp davor gleich hier zu bleiben und ev. am nächsten Tag abzusteigen. Oder erst nach einer ruhigen Nacht weiterzugehen, was aber unseren Plan durcheinander geworfen hätte. Nach einer kräftigenden Suppe und einem schwarzen Tee fanden wir allerdings das Fünkchen Motivation das genügte um die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Wir fuhren die Stecken aus und es wurde weiter marschiert. Schonfrist gab es nur wenig, denn die nächsten Höhenmeter warteten schon auf uns. Man merkte schnell, dass es sich hier um einen schwarzen Weg handelte. Abschnittsweise gab es Versicherungen und an Trittstiften hangelten wir uns zur nächsten Scharte.






Zuerst lockte uns der Weg über die Hohe Gratenscharte, die in greifbarer Nähe schien und den Weg quasi halbieren würde. Da wir aber gewarnt wurden, dass es Steinschlag geben könnte auf der anderen Seite, gingen wir den längeren Weg zur niederen Gratenscharte – die im Übrigen nur wenige Meter niedriger war. Hier ist der Eissee definitiv sehenswert und wenn man dies als Tagesetappe macht, kann man locker einen 3000er mitnehmen. Wir sind allerdings froh, als wir über das Geröllfeld gehen und weiter unten schon die Adolf-Nossberger-Hütte sehen. Den Abstieg muss man zwar etwas suchen, er ist aber relativ einfach zu gehen, wenn man trittsicher ist.





Die Adolf-Nossberger-Hütte (kurz Nossi) war sehr liebenswürdig und urig und mit einer erlebnisreichen Outdoordusche. Das „blank ziehen“ konnte sowohl von der Terrasse als auch von der Gaststube verfolgt werden und die Gesichter der Duschenden (auch meins) bewegten sich irgendwo zwischen erschrocken auf Grund der Kälte des Wassers und beschämt auf Grund der Nacktheit. Egal, man wird sauber.
Am Abend gab es lediglich 2 Menüs zur Auswahl und gegessen wurde erst nach 19 Uhr, dafür gab es viele und ausgezeichnete Frühstücksvariationen zur Auswahl. Hier wurden auch die Hüttenregeln penibelst eingehalten. Als Bergsteiger wurde man hier definitiv ein wenig erzogen. Gefiel mir. Weniger gefiel mir allerdings wenn der Trockenraum nur in Ausnahmesituationen beheizt wird. Denn trockene Schuhe und trockene Wäsche ist schon was feines – nicht so auf der Nossi. Dafür gab es genug Holz um die Sauna einzuheizen (auf Bestellung). Anscheinend waren die Hüttenwirte hier eher auf den Durchschnittsdeutschen eingerichtet, der gerne mit einem 55-60l Rucksack unterwegs war und jeden Tag komplett neu eingekleidet war – so unsere Beobachtungen.
Tag 3 – Adolf-Nossberger-Hütte zur Elberfelder Hütte
Lediglich 4 Stunden Gehzeit und nur 600 Höhenmeter? Das klang nach einem entspannten Tag und einem Chill-Out bei der Hütte. Doch schon bald nach der Nossi war es vorbei mit dem gemütlichen Wandern und es ging in Serpentinen und Querungen steil bergauf. Die gesamten Höhenmeter wurden hier in einem Aufwasch erledigt und das Gelände wurde immer fordernder.
Wir überquerten zuerst ein paar Altschneefelder und kämpften uns mühsam eine rutschige Geröllhalde nach oben zur Hornscharte.






Auf der Geröllhalde konnte man auch mit größter Vorsicht einen Steinschlag auslösen. So wie die entgegenkommenden Niederländer, die uns gleich mit einem fußballgroßen Stein in ordentlicher Geschwindigkeit ihren Abstieg ankündigten.
Die letzten 30 Minuten zur Scharte gingen und kletterten wir auf einem seilversicherten Stück, das vollste Konzentration forderte. Hier könnte ein Bergwandererleben schnell enden und entgegenkommende Wanderer wären ein größeres Risiko. Auf der Scharte haben wir eine Pause eingelegt und genossen den Ausblick zur Elberfelder Hütte – sah näher aus als gedacht aber weiter als erhofft. Der Abstieg von der Scharte erwies sich dann genau so steil wie der Aufstieg, nur die Steinschlaggefahr war hier noch größer, da die Rinne voll mit losen Steinen war. Wir gingen in großem Abstand und wie auf rohen Eiern. Auch mit unseren Kräften mussten wir hier Haus halten, denn durch die Steilheit der Rinne sollte man sich ordentlich festhalten. Fehler würden hier sicher nicht verziehen werden und für Gruppen empfahl sich dieser Abschnitt ganz und gar nicht.






Von der Scharte bis zur Elberfelder Hütte benötigten wir etwas mehr als 1 Stunde und genossen den Nachmittag während die Wolkendecke immer dichter wurde. Nur der erwartete Regen kam nicht. Dafür war der Hüttenwirt auch ein Bergführer und die wissen was wichtig ist. Der Trockenraum war immer beheizt und wir konnten unsere Schuhe sowie unsere gewaschene Kleidung richtig trocknen lassen.
Chapeau, Elberfelder Hütte!
Tag 4 – Von der Elberfelder Hütte zur Salmhütte
Da die Glorer Hütte keinen Platz für uns hatte, verlängerten wir diese Etappe bis zur Salmhütte. Das kann ich nur jedem empfehlen, der sich auf diesem Höhenweg befindet denn es verkürzt den letzten und darauffolgenden Tag um ca. 2 Stunden Gehzeit.
Wir starteten bei der Elberfelder Hütte bei dichtem Nebel und niedrigen Temperaturen. Zuerst ging es flach und angenehm dahin, aber auch heute warteten die Höhenmeter nicht lange auf uns. Am Weg zum Sattel, wo auch das Gernot-Röhr-Biwak steht, mussten wir wieder einmal die Stecken zur Hand nehmen. Wir spielten mit dem Gedanken das „Böse Weibel“ mitzunehmen und somit auch einen 3000er im Gepäck zu haben, da es aber noch immer wolkenverhangen und kalt war, haben wir uns das erspart und begannen mit dem Abstieg Richtung Unterstandshütte. Schottrig, dann felsig aber unschwierig und schlussendlich über charmante Almwiesen ging es zur Hütte, wo wir eine Rast einlegten.






Die Füße und mein Körper waren an diesem Tag schon sehr müde und dementsprechend war die Motivation etwas im Keller. Der Weg über das Perschlachtörl zur Glorer Hütte hat sich, für mich jedenfalls, ins Unendliche gezogen obwohl es landschaftlich ein sehr schöner Abschnitt war. Nach weniger als 5 Stunden Gehzeit sind wir bei der Glorer Hütte angekommen, wo wir uns einen Kaiserschmarrn gönnten. Da hier sowieso nichts frei war, und die Wirtsleute es eher ein wenig „gemütlich“ angelegt haben, war unser Plan sowieso gleich zur Salmhütte weiterzugehen. Die Salmhütte punktete dann mit einer flotten Bedienung (Steirerin, eh kloa…), Gösser Bier, einer verdammt heißen Dusche und einem Zimmerplatz. Clever & Smart Heftl gab es auch im Gastraum und ich hatte eine Rast bitter nötig. Denn nach einem weiteren Essen (Riesenportion Nudeln) ging ich schon früh zu Bett und gönnte mir 9,5 Stunden Ruhe.










Tag 5 – Von der Salmhütte zum Glocknerhaus
Im Vergleich zu den vorhergehenden Etappen war diese ja fast ein Spaziergang. Man macht nur wenige Höhenmeter und wir gingen die meiste Zeit quer zu einem steilen, felsendurchsetzten, Grashang. Hier war definitiv Murmeltierland und wir bekamen die Möglichkeit, die sonst scheuen Tierchen aus der Nähe zu betrachten, da sie ihre Ausgänge direkt neben dem Wanderweg hatten und anscheinend sich an die wandernden Besucher gewöhnt haben.




Unschwierig erreichten wir auf diesem Weg die obere Stockerscharte, von der wir nur mehr bergab bis zum Glocknerhaus gehen mussten. Ein schönes Panorama bot sich uns am Abstieg – die Gegend rund um den Glockner war schon etwas sehr beeindruckendes.



Mit dem Bus ging es dann zurück nach Winklern, wo wir fast direkt bei unserem Auto aussteigen konnten. Die Runde kann also auch leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht und gegangen werden. Damit haben wir zwar zuerst geliebäugelt, doch auf Grund unserer späten Ankunft am Anreisetag ist sich das nicht ausgegangen.
Fazit
Der Wiener Höhenweg ist eine wunderbare Möglichkeit eine 5-6 Tage Hüttewanderung zu machen und genug Zeit zu haben um sich den einen oder anderen 3000er einzuverleiben oder noch kleinere Wanderungen rund um die Hütten einzulegen, wenn man schon früh ankommt. Ab der Winklerner Alm ist man eigentlich immer über 2000m Seehöhe unterwegs und bekommt felsige Grate, versicherte Steige, jeden Tag eine andere Scharte, ein Törl, wunderschöne Seen und urige Hütten geboten. Was will man da noch mehr von einem Wanderurlaub? Ein Problem gibt es jetzt allerdings…wir haben eine ungeheure Lust auf Höhenwege bekommen und wer weiß, vielleicht heißt es nächstes Jahr ja Stubai statt Dubai 😉
(Wobei wir sowieso nie nach Dubai fliegen weil das eine ziemlich dekadente Shice ist wie ich finde…).
Wiener Höhenweg – es war uns eine Ehre, bleib so wie du bist, wir danken dir für die schöne Zeit!