Mehrseillängentour „Stella“ (UIAA 5-) und „Südgrat“ (UIAA 5-) auf den großen Priel

2018 bereits wollte ich diese Tour machen, doch nach dem 1. Tag und dem Panoramapfeiler auf den Kressenberg (Bericht von damals hier) beschlossen wir auf Grund der instabilen Wetterlage nur auf den Priel zu wandern.

Dieses Jahr starteten wir erst Freitagnachmittag Richtung Hinterstoder und mussten am ersten Tag nur mehr den Zustieg zum Prielschutzhaus bewältigen. Der Unterschied zwischen Hütte und Haus, nun, der zeigte sich nicht nur an der dargebotenen Mode am Catwalk der neugeborenen Wanderer/innen und Klettersteiggeher/innen sondern wohl auch am Alkoholkonsum der Gäste. Die Bettruhe um 23 Uhr war spät aber verträglich und Frühstück würde es schließlich erst um 06:30 Uhr geben – was mir persönlich und für meinen Zeitplan etwas zu spät war, aber OK, es war nun mal so.

Pünktlich um 06:25 Uhr reihten wir uns in die Schlange ein, die sich schon bei der Tür hinaus und weit zurück im Gastgarten aufgestellt hatte. Geduldig warteten wir und unsere geplante Aufbruchszeit von 07:00 Uhr verschob sich um fast eine halbe Stunde.
Von der Hütte weg hatten wir nur eine kurze Schonfrist bis unsere Oberschenkel unbarmherzig Höhenmeter fressen mussten. Auch wenn das Ziel (Gipfel) immer scheinbar zum Greifen nah schien, so waren die vor uns liegenden 14 Seillängen kein Lärcherl.

Den Einstieg fanden wir leicht. Zum einen, weil wir das Wandbildfoto aus dem Kletterführer kopiert hatten und zum Anderen da eine Seilschaft direkt vor uns eingestiegen ist. Die einzige Seilschaft, abgesehen von uns, wohlgemerkt. Seile waren am Prielschutzhaus fast nicht zu sehen.

Die „Stella“ ist ein mustergültiges Beispiel an Felsqualität und Absicherung. Die Bewertung passt und die Platten sind herrlich zu klettern. Auch alle anderen Stellen lösen sich wunderbar auf und ein kleiner Steinschlag auf Grund eines Griffausbruchs der anderen Seilschaft war zwar im 1. Moment erschreckend, ging aber glimpflich aus.
Sehr flott führte Stefan die 5 Seillängen bis knapp unter den Südgrat und nun übernahm ich die Führung im alpinen Gelände des Südgrats. 10 Klemmis und Camalots 0,5 – 2 hängen zusätzlich an meinem Gurt.

Das Gelände am Südgrat wechselte schlagartig auf splittrig, brüchig, auf- und abkletternd und weit entfernt davon als „lohnend“ bezeichnet zu werden. Dazu haben die Stände nur 1 Haken und können kaum von Zwischenhaken unterschieden werden. Oft sind geklebte Haken Standhaken und Expansionsanker nur Zwischenhaken, aber so genau konnte ich das nicht feststellen. Da unsere 50m Halbseile anscheinend zu kurz waren für manche Seillängen baute ich öfters einen Zwischenstand an einem Köpfel oder stabilen Schuppen, wenn das Seil ausgegangen war.

Die 1. Schlüsselstelle, der kurze Überhang, ist zwar gut abgesichert aber auch gut abgeschmiert. Außerdem verlangt er eine gewisse Körpergröße (>180cm) um leicht drüberzuklettern. Beherzt angreifen mussten wir aber alle und vor allem Kleinere sollten die Stelle nicht unterschätzen. Im Übrigen war das Sichern am Grat oft eine Qual. Scharfe Kalkfelsen, Nischen oder Risse bremsten das Seil als wäre ein Prusik eingeknüpft worden. Meine Idee ein Stück am laufenden Seil zu klettern war dann ein veritabler Verhauer, der uns nur Zeit kostete und ich mit einem selbst gebauten Stand (wunderschön btw!) wieder ausbügeln musste.
Hier waren wir auch von der Route abgekommen, denn der Routenverlauf ist hier etwas abseits des Grates (9. Seillänge) und es dauerte ein wenig bis ich eine Steilstufe mit zweifelhaften Griffen überwunden hatte. Ein Griffausbruch und Sturz wäre an dieser Stelle sehr schmerzhaft geworden.

Als wir den Kamin erreichten, waren wir schon etwas gezeichnet. Was am Topo kurz erscheint, war für uns schon eine ordentliche Unternehmung geworden. Den Kamin kletterte ich mit Rucksack und konnte daher nicht im Spalt klettern, sondern war außen unterwegs, was ganz OK, aber auch etwas schwieriger war. Hier muss man dann mit etwas kleineren Griffen und Tritten auskommen.
Mittlerweile startete die Sonne auch schon Richtung Nachmittagskaffee und mir wurde bewusst, wie langsam wir am Grat unterwegs waren im Vergleich zu den 5 Seillängen in der Stella. Schön, wenn ein Seilpartner immer Kekse für alle bereitstellt um den Unterzucker abzufangen!
Nach dem Kamin nehmen wir die Seile auf, klettern und marschieren über 1er und 2er Gelände zum Klettersteig.

Hier hätten wir auch sichern können denn Stände sind gebohrt, aber da es keine Zwischenhaken gab und man nicht mehr wirklich klettert, lösten wir diese Aufgabe frei. Der Klettersteig forderte uns dann noch einmal – aber nur weil hier viele Höhenmeter zu machen waren.
Die anderen Klettersteiggeher beäugten uns misstrauisch und manche scherzten über unsere Seile und das fehlende Klettersteigset. Wir verzichteten auf jede Diskussion und hetzten zum Gipfel, wo bereits eine anständige Party mit >40 Personen im Gange war.

Kurz nach 15 Uhr war es bereits, später als mir lieb war und der Tag war noch lange nicht zu Ende. Der Abstieg zum Prielschutzhaus mit 1100 Höhenmetern war schon noch fordernd und nach einer kurzen Stärkung gönnten wir uns weitere fast 900 Höhenmeter im Abstieg zum Parkplatz. Gegen 20:30 Uhr rollten wir vom Parkplatz inkl. Strafzettel, da wir unser 24 Stunden Ticket um 4 Stunden überzogen hatten, besser gleich das Wochenticket kaufen. Wie ein Rudel hungriger Löwen fielen wir dann in einem Liezener Fastfoodburgerlokal ein. Was soll ich sagen? Besser habe ich selten gegessen!

Zu Hause angekommen versorgte ich noch meinen kleinen Zeh, den ich mir bereits in der Früh schwer angeschlagen habe und der mittlerweile nicht nur eine neue Farbe hatte (Violett!) sondern als Zusatzfunktion nun auch ein Pulsmesser war. Aber nach 14 Seillängen und 1100 HM Auf- und 1900 Höhenmeter Abstieg an einem Tag, hatte er sich eine Pause verdient.

Fazit:
Das Gesamterlebnis ist schon groß. Der große Priel ist ein eindrucksvolles Stück Fels und ich bin froh, diese Tour gemacht zu haben um diese offene Rechnung zu begleichen. Leider war sie nicht der lohnende Abschluss, den ich mir vorgestellt hatte. Wir hätten nach der Stella abseilen sollen und noch eine andere Route an der Wand klettern sollen, statt uns über diesen Südgrat zu quälen.

Hier der Link zum Topo auf bergsteigen.com

So long, meine Kletterpause im Sommer und alpine Saison ist vorerst zu Ende, jetzt steht wohl wieder etwas Bouldern auf dem Plan, oh, und natürlich muss ich ja wieder etwas Katzenfutter verdienen gehen.
Bis vielleicht nächstes Jahr, ihr Berge und langen Tage 🙂